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"Ich möchte mein Leben nicht mehr von meinen Ängsten bestimmen lassen!"


Es ist mir noch nie besonders leicht gefallen, auf unbekannte Menschen zuzugehen und ich habe Leute, die mit Fremden ganz locker und unbekümmert ein Gespräch beginnen, schon immer bewundert. Seitdem ich mich erinnern kann, bin ich extrem schüchtern und mache mir viele Gedanken darüber, wie ich bei anderen ankomme.

Im Kindergarten und in der Grundschule hatte ich noch relativ viele Freunde. Das lag aber vor allem daran, dass dort alle Kinder aus meiner Nachbarschaft hingegangen sind. Mit denen hatte ich schon im Sandkasten gespielt und es war ganz normal, dass ich immer mit ihnen zusammen war. Als ich nach der vierten Klasse auf das Gymnasium kam, änderte sich das schlagartig. Meine beste Freundin hatte sich für eine andere Schule entschieden und mit den Kindern, die mit mir von meiner alten Klasse auf dasselbe Gymnasium wechselten, hatte ich davor nicht viel zu tun gehabt. Je näher der Schulbeginn rückte, desto nervöser wurde ich und desto schlechter konnte ich schlafen. Die Aussicht darauf, meine neuen Mitschüler zu treffen und niemanden zu kennen, löste bei mir panikartige Angst aus und ich fühlte mich von dieser Situation vollkommen überfordert. Ich war überzeugt davon, dass ich bei den anderen komisch ankommen werde und irgendetwas Peinliches tun werde, das mich auf ewig zum Gespött der ganzen Schule macht. Während meiner gesamten Gymnasialzeit gelang es mir nicht, Anschluss an meine Klassenkameraden zu finden oder enge Freundschaften zu schließen. Aus Angst davor, negativ aufzufallen, dumm zu wirken oder etwas Unpassendes zu sagen, zog ich mich zurück und wurde zu einer stummen Mitläuferin, die von keinem beachtet wurde.

"Aus Angst davor, negativ aufzufallen, dumm zu wirken oder etwas Unpassendes zu sagen, zog ich mich zurück und wurde zu einer stummen Mitläuferin, die von keinem beachtet wurde."

Abfragen vor der Klasse waren für mich der absolute Horror. Ich spürte immer sofort, wie ich total rot anlief und meine Stimme zu zittern begann. Ich wollte nur noch weg. Auf Referate bereitete ich mich wochenlang akribisch vor, übte jeden Satz haargenau ein und dennoch wurde mir vor ihnen regelmäßig total übel und ich überstand sie nur schweißgebadet.

Von meinem Studium erhoffte ich mir einen Neuanfang: Ich zog in eine andere Stadt und nahm mir fest vor, mehr auf andere Menschen zuzugehen und meine Ängste hinter mir zu lassen. Doch trotz meiner guten Vorsätze änderte sich nichts. Sobald ich auf Kommilitonen traf, wurde ich extrem nervös und verspürte eine vollkommene Leere in meinem Kopf. Ich fühlte mich dumm, konnte nichts zu Gesprächen beitragen. Fiel mir mal etwas ein, hatte ich Angst, dass meine Meinung bei den anderen schlecht ankommt und schwieg daher lieber.

"Ich fühlte mich dumm, konnte nichts zu Gesprächen beitragen."

Vorschläge, gemeinsam die Pausen in der Mensa zu verbringen, schlug ich aus, da ich Panik hatte, vor den anderen zu essen. So ging das meinen ganzen Bachelor lang und schließlich resignierte ich. Ich dachte mir, vielleicht ist es einfach mein Schicksal, keine Freunde zu haben, kein normales Studentenleben zu führen und nie einen festen Freund zu finden. Als ich das meiner einzigen und besten Freundin erzählte, die ich noch aus Kindertagen kenne, war sie entsetzt. Gemeinsam mit ihr recherchierte ich im Internet und wir stießen auf eine Beschreibung der Sozialen Angststörung, die ziemlich gut auf mich zutraf. Ich stellte fest, dass es viele Menschen gibt, die ähnliche Probleme wie ich haben. Aber was noch wichtiger ist: Ich erfuhr, dass soziale Ängste mit professioneller psychotherapeutischer Hilfe gut behandelt werden können. Durch meine Internetrecherche bin ich auf dieses Training gestoßen und ich habe mich dafür angemeldet. Ich hoffe, dass es mir dabei hilft, mein Leben nicht mehr nur von meinen Ängsten bestimmen zu lassen.

Maria*, 24

*Name geändert


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